.. 10.10.2023

Veröffentlicht am 10. Oktober 2023 um 21:08

Nachdem die letzte Zeit im Zeichen von TecDiving gestanden ist, widme ich mich jetzt der "einfachsten" Form des Tauchens: Freediving!

Was für eine Erfahrung!  Ich weiß gar nicht, was ich als erstes beschreiben soll...

chronologisch: nach dem letzten Tauchgang (s. vorheriger Eintrag) waren 2 Tage Pause angesagt; Erholung für Körper und Geist (und jeglichen Reststickstoff im Körper abbauen).  Am ersten Tag war ein weiterer Schüler dabei (sein 2. Kurstag), und wir haben ein bisschen über Theorie gesprochen- das unterscheidet sich ja nicht zwischen Frei- und Flaschentauchen.  Dann die erste Neuigkeit für Tauchen: Dehnen und Entspannungsübungen!  Gefolgt von ersten Atemübungen.  Zuerst reine Bauchatmung, und zum Anhalten dann zusätzlich in den Brustkorb atmen.
Für den Anfängerkurs - Wave 1 genannt - ist das Ziel, 1:30 Minuten die Luft statisch im Pool anhalten zu können (also Gesicht im Wasser, keine Bewegung).  Diese Übung haben wir 3x gemacht: das erste Mal bis zum ersten Atemreflex, das 2. Mal etwas darüber hinaus, und das 3. Mal so lange es geht. 
Dabei gleich ein paar interessante Erfahrungen gemacht: nachdem der Atemreflex kommt, werden irgendwann kurzfristig Arme und Beine warm - der Körper versucht sich zu schützen und zieht das Blut zu den lebenswichtigen Organen.  Wenn man dann weiter die Luft anhält, kommt es zu sogenannten Kontraktionen: das Zwerchfell verkrampft kurzzeitig im Versuch, gewaltsam Luft einzuziehen.  Wenn man dann länger immer noch nicht einatmet zieht der Körper die Reißleine und schaltet das Bewusst sein aus, damit kann man nicht mehr "absichtlich" die Luft anhalten.  Beim Freitauchen (wie auch sonst im Leben) ist es natürlich das Ziel, NICHT ohnmächtig zu werden.  Diese Kontraktionen sind übrigens sehr individuell, manche haben es sehr deutlich sichtbar, andere nur ganz leicht, und wieder einige gar nicht...  Ich habe sie anscheinend sichtbar, aber (zumindest soweit ich es mich getraut habe) nicht besonders heftig.  Jedenfalls habe ich beim 3. Versuch 2:30 Minuten überschritten, das erste Kursziel also bereit gesichert, ohne ein einziges Mal im Wasser gewesen zu sein.
Funfact: statisches Luftanhalten ist grob doppelt so lange wie in Bewegung unter Wasser;  Funfact 2: pro Sekunde rechnet man grob 1 Meter - egal ob runter oder rauf, plus 10 Sekunden für Abtauchen und Umdrehen. 1 Minute Luft anhalten im Wasser ist also theoretisch bis zu 25m Tiefe (25 x2 - runter/rauf plus 10 Sekunden Eintauchen/Umdrehen).  Das Ganze ist aber ein bisschen theoretisch, zumindest im Augenblick, da ich noch Zeit (= Tiefe) verliere für meinen Druckausgleich.
Oh! Mein rechtes Ohr braucht für den Druckausgleich eindeutig länger als das linke Ohr! Überhaupt: Druckausgleich!  Vom Flaschentauchen kennt man ja das Valsalva-Manöver: Nase zuhalten und dagegen atmen.  Das Problem dabei fürs Freitauchen:  Luft aus der Lunge wird verwendet um den benötigten Druck zu erzeugen um die Eustachische Röhre (Verbindung zwischen Mundraum und Mittelohr) zu öffnen.  Daher wird das sogenannte "Frenzel"-Manöver verwendet: dabei drückt die Zunge den mit Luft gefüllten Hohlraum im Mund zusammen und öffnet damit ebenso die  Eustachische Röhre. Man versucht dabei bei geschlossenem Mund die Laute "p", "k", "t" oder "h" zu machen, in dieser Reinfolge je nach Tiefe ansteigend.
Nach den Atemübungen also Neoprenanzug angezogen, und auch hier ein Unterschied zum Flaschentauchen:  es werden so genannte "open cell" Anzüge verwendet - das Neopren auf der Innenseite der Anzüge ist also nicht versiegelt sondern "klebt" auf der Haut, damit ist der Wasseraustausch wesentlich geringer als bei Tauchanzügen, allerdings das An- und (vor Allem!) das Ausziehen wesentlich anstrengender!  
Dann, bei der Boje, wieder etwas gelernt: der Blick ist streng zum Seil gerichtet, nicht Richtung Boden!  Sonst überstreckt man den Nacken und bekommt Probleme mit dem Druckausgleich und der Muskel-Entspannung.  Überhaupt ist dieses Seil des Zentrum der Aufmerksamkeit, der einzige Punkt der "existiert" - das war wirklich interessant, diese Fokussierung auf das Seil an dem man sich hinunter zieht, das an einem vorbei gleitet, und doch immer da ist.  Alle 5 Meter ist eine Markierung, und am Ende ein Tennisball.  Jedes Mal, wenn man mit einer Hand zieht, macht man (zumindest ich bis jetzt) mit der anderen Hand den Druckausgleich.  Die Flossen werden bei dieser Form (genannt "free immersion", FI) übrigens nicht verwendet, sondern dienen nur der Sicherheit beim Auftauchen.  Der Körper sollte parallel zum Seil sein, und nur die Arme arbeiten... Zuerst nur 5 Meter als Eingewöhnung, aber dann 10 und am Schluss am ersten Tag sogar 15m!  Und zum Training: ein sogenannten "tortuga crawl": 20cm - Druckausgleich - 20cm; und auch hinauf: 20cm, 20cm, 20cm... das war dann übrigens auch mein längster Tauchgang für den Tag.  Mit dem 15m Tauchgang habe ich übrigens auch das 2. Ziel des Kurses erreicht: Tiefe zwischen 15 und 20 Meter!
2. Tag diesmal war ich der "erfahrene" Schüler, und ein anderer Kunde hatte seinen ersten Tag!  Wieder in Sliema (wie am ersten Tag), wieder am selben Spot - Tugboat 2; ist übrigens ein kleines Wrack, aber nett und gut erhalten.  Diesmal sogar bis 20m getaucht!  Dabei auch etwas realisiert, das ich auch am ersten Tag beobachtet habe: die letzten Meter sind anstrengend und kosten Überwindung- und wenn ich dann den Tennisball halte ist Alles gut, entspannt und friedlich - ein ganz eigenes Gefühl, unbeschreiblich und schön!  Das Wrack (oder sonstige Umgebung) sehen (und nicht nur anschauen), die Stille aufnehmen, und entspannen - für 5 Sekunden, bevor ich wieder hinauf muss.  Und mein Ziel ist es, diese 5 Sekunden auszudehnen, toll wären 1 Minute oder länger!  Kurz: am 2. Tag konnte ich ein paar der Tauchgänge richtig genießen!  Zusatz:  das erste Mal auch einen so genannten "Duck Dive" gemacht - also den Start für einen "constant weight" (CW) Tauchgang; Unterschied: man verwendet die Flossen zum Abtauchen und hält das Seil nur zwecks Orientierung.
3. Tag, anderer Ort: P29 Patrouillen Boot in Cirkewwa!  Ein Platz den ich vom Flaschentauchen kenne!  Und diesmal bin ich der einzige Schüler!  Angefangen mit FI, zuerst 15m und dann 20m, gefolgt von CW bis 15m.  CW ist zwar schneller (Flossen ggü. Arme), verbraucht aber auch mehr Energie (Oberschenkelmuskel ggü. Arme);  davon gibt es auch ein Video! Um dann aber auch neue Übungen gemacht:  Selbstrettung - auf 10m abtauchen, dort die Maske abnehmen und wieder auftauchen; Gott sei Dank kein Problem für mich, da ich diese Übung auch vom Tauchen gewohnt bin.  Weiter Übung : "Safety" für einen anderen Taucher; d.h. einen anderen Taucher, der einen Freitauchgang macht, in ca. der Hälfte seines Tauchgangs "treffen" und zur Oberfläche begleiten.  Die gefährlichste Tiefe beim Freitauchen sind die letzten Meter bis zur Oberfläche.  Hintergrund dazu:  der Umgebungsdruck sinkt prozentuell um so mehr, je näher man der Oberfläche ist.  Dadurch wird weniger Sauerstoff in die Muskeln und  Organe gedrückt, was auch zu einer Unterversorgung des Gehirns führt - Verlust des Bewusstseins ist die Folge.  Daher ist es wichtig dass ein "Safety"-Diver zur Stelle ist.  Unsere Übung war also: mein Lehrer ist auf 15m abgetaucht, hat dort 5 bis 10 Sekunden verbracht, und ist dann wieder aufgetaucht.  Mein Ziel war, ihn auf 7 - 10m Tiefe zu treffen.  Die Schwierigkeit dabei: Atmung und Zeitbedarf für das Abtauchen so zu koordinieren, dass man rechtzeitig an der richtigen Stelle (Tiefe) ist.  Dabei gilt zu beachten, dass die Atmung vor einem Tauchgang im Verhältnis 1:2 sein soll, um einerseits entspannt zu sein und andererseits genügend Luft zu "tanken".  1:2 heißt also: 4 bis 5 Sekunden einatmen, 8 bis 10 Sekunden ausatmen.  Beim ersten Versuch habe ich es gerade so geschafft auf fast 8m abzutauchen, bevor mir mein Lehrer entgegengekommen ist - genügend für die Anforderung, aber nicht, was ich von mir erwarte; der 2. Versuch war wesentlich besser, da habe ich sogar auf 10m kurz warten können - so soll es sein! (Für den Anfang zumindest, später sollte man dort länger warten...). "Safety" ist übrigens immer CW damit das Seil für den anderen Taucher frei bleibt!  Der "tortuga crawl" des Tages war auch heute mein längster Tauchgang des Tages, 1:14 Minuten.
Morgen ist dann der 4. Kurstag, diesmal geplant an einem neuen Ort : "Blaue Grotte", ich bin schon gespannt!

Wie ich überhaupt zu diesem Kurs gekommen bin?  Einfach: bei einem Tauchgang, ich glaube es war Ras Il-Hobz, habe ich einen Freitauch-Lehrer mit seinem Schüler beobachtet.  Nachdem der Schüler gegangen war, habe ich den Lehrer angesprochen, mich gut mit ihm verstanden, und Nummern ausgetauscht.  Ein bisschen Internet-Recherche und Preisvergleich (á pro pos: ca. €350,- für den Kurs) angerufen und angefangen.

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